Religion / Ethik
Evangelische und Katholische Religion
Der Religionsunterricht, der im Auftrag der evangelischen und katholischen Kirche erteilt wird, gehört zum Kernbestand schulischer Bildung. Wie kein anderes Fach erschließt der Religionsunterricht im Rahmen seines Bildungsauftrags die religiöse Dimension des Lebens und damit einen spezifischen Modus der Weltbegegnung, der als integraler Teil allgemeiner Bildung zu verstehen ist. Mit anderen Worten: Schülerinnen und Schüler haben ein Recht auf religiöse Bildung.
Die von Politik und Gesellschaft geforderte umfassende Bildung sowie die Entwicklung einer mündigen Persönlichkeit bedeuten ebenfalls, dass Jugendliche und junge Erwachsene sich in ihrer Welt orientieren sowie ethisch verantwortlich handeln können. So werden junge Menschen darauf vorbereitet, von ihrem Grundrecht auf Religionsfreiheit eigenständig Gebrauch zu machen. Durch einen offenen Dialog trägt das Fach zu einer differenzierten Urteilsfähigkeit und zu einer kritischen Toleranz gegenüber den Wahrheitsansprüchen der Religionen bei; gerade in einer Zeit von fake news und unreflektierten Überzeugungen ist diese kommunikative Auseinandersetzung mit eigenen und fremden Ansprüchen unabdingbar.
Neben diesem Horizont des Weltverstehens stehen im Mittelpunkt des Religionsunterrichts zudem Fragen von existentiellem Gewicht wie Wer bin ich, woher komme ich, was ist gerecht, wie will ich sein, woran kann ich mich orientieren, wie gehe ich mit Scheitern und Misserfolg um? Solche Fragen entscheiden über den eigenen Lebensentwurf, die je eigene Deutung der Wirklichkeit und schlussendlich über die individuellen Handlungsoptionen.
Selbstverständlich kann und will der Religionsunterricht diese Fragen nicht für die Schülerinnen und Schüler letztgültig beantworten, aber er will und kann sie auf dem Weg zu den individuellen Antworten, auf dem Weg der Identitätsbildung, begleiten. Der Religionsunterricht ist durch ein Verständnis des Menschen und seiner Wirklichkeit geprägt, das auf der biblisch bezeugten Geschichte Gottes mit den Menschen beruht. Eine wesentliche Überzeugung ist dabei, dass der Mensch den Grund, den Sinn und das Ziel seiner Existenz allein Gott verdankt. Gottes unbedingte Annahme enthebt den Menschen des Zwangs zur Selbstrechtfertigung und Selbstbehauptung seines Lebens. Sie stellt ihn in die Freiheit und befähigt zu einem Leben in Verantwortung. In der Gemeinschaft der Glaubenden ist ihm das Zeugnis für das Evangelium Jesu Christi aufgetragen. Diese Perspektive zur Geltung zu bringen ist der besondere und unvertretbare Beitrag des Religionsunterrichts zur schulischen Allgemeinbildung. Die aus dem christlichen Glauben entspringende Verantwortung für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung sowie der sich daraus ergebende Auftrag, in den Dialog mit anderen Religionen und Weltanschauungen zu treten und an einem gemeinsamen Weltethos zu arbeiten, ist gerade angesichts der heutigen globalen Herausforderungen von existenzieller Bedeutung. Die drängenden Fragen unserer Zeit werden im Religionsunterricht aufgegriffen und im Hinblick auf die zukunftseröffnende Perspektive des Evangeliums betrachtet.
In diesem Zusammenhang bietet der Religionsunterricht auch die Möglichkeit, Religion und Glauben ganz praktisch zu erleben. Dabei ist wichtig, dass dies von einer Offenheit gegenüber kirchlich Beheimateten wie Distanzierten gleichermaßen geprägt ist – die Teilnahme an religiöser Praxis soll immer Angebot und Möglichkeit sein, nie Zwang oder Erwartungshaltung.
So werden bei uns am Högy zwei Schulgottesdienste gefeiert – einer kurz vor Weihnachten und einer zum Schuljahresende – bei deren Vorbereitung die Schülerinnen und Schüler eingebunden sind und eigene Schwerpunkte miteinbringen können. Das gemeinsame Singen und Beten eröffnet den Raum für eigene Anliegen und ermöglicht einen Zugang zu Religion über die ausdrucksorientierte, praktische Seite.
Eine weitere Möglichkeit sind die Fahrten zum Deutschen Evangelischen Kirchentag, die seit 2001 regelmäßig angeboten werden, und nach Taizé, die 2018 erstmals durchgeführt wurde und erneut für 2020 geplant ist. Bei diesen können die Schülerinnen und Schüler in Gemeinschaft mit Anderen Abstand vom Alltag gewinnen und lernen sie gleichzeitig die große Vielfalt kirchlichen Lebens bzw. der Äußerungsformen des christlichen Glaubens kennen.
Das Fach Ethik am Gymnasium
Ethik ist ein ordentliches Unterrichtsfach, das an Gymnasien ab Klasse 5 unterrichtet wird. Ziel des Ethikunterrichts ist es, junge Menschen zur verantwortungsbewussten, reflektierten und begründeten Auseinandersetzung mit ethischen, gesellschaftlichen und weltanschaulichen Fragen zu befähigen.
Im Ethikunterricht setzen sich die Schülerinnen und Schüler altersgemäß mit grundlegenden Fragen des menschlichen Zusammenlebens auseinander. Dazu gehören Themen wie Identität, Freundschaft, Regeln, Freiheit und Verantwortung sowie Fragen von Gerechtigkeit, Wahrheit, Konflikt und Gewalt. In den höheren Klassenstufen kommen zunehmend komplexere ethische Fragestellungen hinzu – etwa zu Liebe, Arbeit, Lebenssinn, Umweltverantwortung, Mediennutzung und Menschenrechten. In der Kursstufe befassen sich die Lernenden vertieft mit philosophischen Ethikmodellen, Fragen globaler Verantwortung, Gerechtigkeit und Religionskritik. Alle Themen sind dabei eng an die Lebenswelt der Jugendlichen angebunden und regen zur Reflexion, zum Dialog und zur ethischen Urteilsbildung an.
Das Fach Ethik ist weltanschaulich neutral und fördert Offenheit, Toleranz und kritische Urteilsbildung. Es vermittelt keine bestimmte religiöse oder ideologische Richtung, sondern unterstützt die Schüler:innen darin, sich ein eigenes, begründetes ethisches Weltbild zu erarbeiten und verantwortungsvoll zu handeln.
Der Ethikunterricht ist kompetenzorientiert aufgebaut. Es werden vier zentrale Kompetenzbereiche geschult:
- Sachkompetenz: Die Schüler:innen lernen zentrale Begriffe, Theorien und Positionen aus Ethik, Philosophie, Religion und Gesellschaft kennen. Sie können ethische Fragestellungen sachlich darstellen und reflektieren.
Beispiel: Analyse des Begriffs „Gerechtigkeit“ anhand antiker und moderner Konzepte (z. B. Aristoteles, Rawls).
- Methodenkompetenz: Die Schüler:innen lernen, Argumente systematisch zu entwickeln, unterschiedliche Perspektiven zu vergleichen und Urteile nachvollziehbar zu begründen.
Beispiel: Anwendung der „Sokratischen Gesprächsführung“, Dilemma-Diskussionen, Erstellen von Pro-und-Kontra-Tabellen, Arbeit mit ethischen Fallbeispielen.
- Urteilskompetenz: Die Schüler:innen lernen, eigene moralische Überzeugungen zu formulieren und begründet Stellung zu nehmen – unter Einbezug verschiedener Werthaltungen.
Beispiel: Entwicklung eines begründeten Urteils zu Fragen wie „Soll man lügen, um jemanden zu schützen?“ oder „Darf man Tiere für medizinische Tests nutzen?“.
- Handlungskompetenz: Die Schüler:innen sollen ethisch reflektiert handeln können. Dazu gehört Empathie, Zivilcourage und gesellschaftliches Engagement.
Beispiel: Rollenspiele zu einem ethischen Dilemma
Ethik ist ein lebendiges, diskursorientiertes Fach, das zentrale Lebensfragen thematisiert und Schülerinnen und Schüler zur ethisch reflektierten Urteilsbildung befähigt. Durch Methoden- und Themenvielfalt trägt der Ethikunterricht wesentlich zur Persönlichkeitsbildung und zur demokratischen Verantwortung der jungen Menschen bei.




