HöGy - bühnenreif

„Wann kommen wir drei uns wieder entgegen, / In Donner, Blitz oder in Regen?“

So eröffnen die drei Hexen Shakespeares Klassiker in der Übersetzung von Friedrich Schiller, die auch der am 6. und 7. Juli in der Aula des Högy gezeigten Fassung zugrunde lag. Diese Frage stellt eine der bekanntesten Stückeröffnungen (der englischen wie deutschen Sprache) dar und hat gleichsam fast rituellen Charakter:

Schon wieder kommen wir – die Schauspielerinnen und Schauspieler der Theater-AG – zusammen und spielen Shakespeare. So stellte die diesjährige Inszenierung von „Macbeth“ nach „Romeo und Julia“ im Jahr 2012 und „As you like it“ im Jahr 2014 die dritte Shakespeare-Produktion am Hölderlin-Gymnasium in gerade einmal fünf Jahren dar. So kann man schon einmal die Frage stellen, warum es denn schon wieder „Der Barde von Avon“ sein musste und warum ausgerechnet dieses düstere, brutale, an allen Theatern – und von allen Theater-AGs – dieser Welt nahezu totgespielte Stück? Man könnte jetzt ganze Absätze über die zeitlose Qualität des Stoffes füllen. Darüber, wie sich Machthunger und der damit einhergehende moralische Verfall beinahe jeden Tag in den weltpolitischen Verstrickungen unserer Zeit spiegeln, aber die eigentliche Antwort haben uns wie so oft die Schauspieler selbst gegeben: „Macbeth“ rockt einfach jede Bühne (und jede Aula), wenn denn der Einsatz stimmt. Und was war das für ein Einsatz! Angefangen natürlich bei den Hauptdarstellern, die Macbeth (Hannah Eichelberger / Patrick Ivic) und seine Ehefrau (Leandra Schober / Zerah Clauss) jeweils völlig unterschiedlich, aber in einander ebenbürtiger Intensität ausgelegt haben. Weiter auch Dominique Draeger und Leah Samietz, die in selbstgemachten Masken und toller Kostümierung den Hexenfiguren Tiefe gaben. Banquo (Fabian Reinwald) blieb als tragisches Opfer zweier von Macbeth beauftragter Schergen (u.a. Natalie Draeger) ebenso in Erinnerung wie der tobende und fulminant kämpfende Macduff (Simon Kegel). Überhaupt die Kämpfe! In Stundenlanger Probenarbeit wurden die komplexen Kampfchoreographien von Herrn Cyran und den Schülern gemeinsam entwickelt und die Mühen haben sich sichtlich gelohnt. Ihren Höhepunkt fanden die Holzschwert-Duelle im finalen Kampf am Freitagabend, als Macduffs Schwert kurz vor dem entscheidenden Todesstoß der Materialermüdung erlag. Auch dem Schwert zum Opfer fielen Lady Macduff und ihr Sohn (Mika Büchele) in der vielleicht erdrückendsten Szene des ganzen Stückes, bevor Macbeths zunehmender Wahnsinn auch die loyalsten Anhänger (u.a. Timo Klenk) in die Flucht trieb. Komplettiert wurde die atmosphärisch enorm dichte Inszenierung durch die allesamt tadellos dargestellten schottischen Würdenträger (u.a. Melis Parlaksu), den früh ermordeten König Duncan (Julius Freiberg) und seine Söhne, von denen sich Malcolm als entschlossener Rächer seines Vaters entpuppte. Die Atmosphäre in der an beiden Abenden vollbesetzten Aula war folgerichtig sehr gespannt und entlud sich am Ende in donnerndem und langanhaltendem Applaus. Was bleibt, ist der Eindruck zweier rundum gelungener Theaterabende, die wieder einmal zeigten, welche Kraft Shakespeares Werken – und motivierten Schülern – innewohnt.

Daniel Ries