Geschichte der Schule

Vor mehr als 500 Jahren schickte sich im fernen Spanien ein gewisser Herr Christoph Columbus an, Amerika zu entdecken und war im Jahr 1491 gerade eifrig damit beschäftigt, dem Königspaar Ferdinand und Isabella die notwendige Unterstützung und vor allem die finanziellen Mittel für seine Pläne aus den Rippen zu leiern.

Das gleiche Jahr 1491 wird im kleinen Städtchen Lauffen als Geburtsjahr der Lateinschule angenommen, aus der sich in ferner Zukunft und über viele Zwischenschritte unser heutiges Hölderlin-Gymnasium entwickeln sollte.

Im Jahr 1991 feierten wir deshalb unter dem damals frischgebackenen Schulleiter Herrn Edgar Schneiders den 500sten Geburtstag der Lateinschule und des daraus entstandenen Hölderlin-Gymnasiums.

Mehr als 30 weitere Jahre sind seitdem vergangen, und wir wollen ein wenig zurückschauen auf die bewegte Geschichte unserer Schule.

 

Schule damals – die Lateinschule

Am Anfang stand also die Lateinschule. Sie war untergebracht in einem Haus gegenüber der Regiswindiskirche (Kirchbergstr. 11). Das Gebäude ist unter dem Namen „Alte Lateinschule“ bis heute erhalten, auch wenn es im Laufe der Zeit mehrmals verändert und umgebaut wurde.

Unsere heutige Zeit kennt keine Schulart mehr, die sich mit den alten Lateinschulen vergleichen ließe. Die Lateinschulen waren ausschließlich Jungen zugänglich, und ihr Ziel bestand darin, diese auf einen geistlichen Beruf oder eine Beamtenlaufbahn vorzubereiten. 

Unter der österreichischen Herrschaft (1519 – 1534) verfiel das Lauffener Bildungswesen zunächst jedoch wieder. Erst als Herzog Ulrich sein Land von den Österreichern zurückerobert und die Reformation eingeführt hatte, wurde das Land Stück für Stück neu organisiert. Mit der Reformation wurden die Güter der Kirche dem Landesherren unterstellt. So bestimmte nun Herzog Ulrich, was mit den kirchlichen Gütern und Einkünften geschehen sollte. Er veranlasste, dass ein Teil dieser Einkünfte in den sog. „Armenkasten“ flossen. Aus diesem wurden z. B. das Armenhaus finanziert und Studenten und Handwerksgesellen in Not unterstützt.

Wichtigste Aufgabe des „Armenkastens“ war es aber, das Lauffener Schulwesen zu fördern, indem beispielsweise die Besoldung des Lehrers aus diesem Topf bestritten wurde. Auf dieser Basis erhielt Lauffen 1547 eine Schulordnung. Die Schüler mussten kein Schulgeld bezahlen. Da nach der Reformation ein Mangel an Beamten zur Verwaltung des Herzogtums selbst sowie der Kirchen herrschte, erhoffte man sich von der Schulgeldbefreiung natürlich, dass möglichst viele Jungen eine schulische Ausbildung erhalten, die sie später zu einem Studium und zu einer Übernahme der vakanten Ämter im Staats- und Kirchenwesen befähigen sollte. In der landwirtschaftlich geprägten Gesellschaft von damals wurden jedoch Kinder ab 7 Jahren als wichtige Arbeitskräfte auf Hof und Feld angesehen, so dass die Schulgeldbefreiung zwar ein Anreiz, aber für die Familien oft noch kein hinreichender Grund war, ihre Söhne statt zur Feldarbeit zur Schule zu schicken. 1557 erhielten die Lauffener einen herzoglichen Rüffel, da aus dem bevölkerungsreichen Ort nicht mehr als 40 Jungen zur Schule gingen. Da hatte sich der Herzog wohl etwas mehr erhofft….

War der Schulbesuch bis dahin eine eher freiwillige und wohl auch auf beiden Seiten (Lehrer wie Schüler) nicht allzu ernst genommene Sache, erhielt Württemberg 1559 unter Herzog Christoph eine erste Landesschulordnung. Diese hatte erstmals eine allgemeine Schulpflicht zum Ziel und behielt über Jahrhunderte hinweg ihre Gültigkeit. In ihr wurde außerdem eine Art Lehrplan festgeschrieben und die Verwendung der gleichen Schulbücher im ganzen Land gefordert. Allzu viele Bücher gab es anfangs sicher nicht. Noch 1806 war der Bücherbestand der Lateinschule mit 33 Bänden für unsere Verhältnisse recht überschaubar.

Die nach wie vor enge Verquickung zwischen (evangelischer) Kirche und Lateinschule zeigte sich vor allem im Lehrplan: Es wurde vorwiegend Religion und Latein unterrichtet. Ab 1790 gab es Griechisch, Hebräisch und auch Französisch, außerdem Geschichte („Universal-Historie“). Das Unterrichtsangebot über Latein und Religion hinaus hing wohl ziemlich stark von der Bildung und dem Können des Lehrers ab. Dem Präzeptor (Schulvorsteher) von 1803 wurde bestätigt, dass er in der Lage sei, auch „Realienunterricht“ zu erteilen, was wohl eher in die Richtung unserer heutigen Schulfächer gehen dürfte.

Für die meisten Lauffener Lateinschüler markierte die Konfirmation das endgültige Ende ihrer Schulzeit und den Eintritt in das Erwerbsleben eines Erwachsenen. Für besonders begabte Schüler gab es jedoch die Möglichkeit, an den Klosterschulen, die 1556 von Herzog Christoph gegründet wurden, unentgeltlich weiter zu lernen und danach am Tübinger Stift ein Theologiestudium aufzunehmen. Bedingung dafür war das Bestehen des Landexamens, das jährlich durchgeführt wurde. Nur die 25 Besten des Landes erhielten einen der begehrten Plätze, um die Hochschulreife zu erlangen und dann studieren zu können.

Für die Lauffener Lateinschüler, die einen dieser Plätze ergattert hatten, bedeutete das den Wegzug aus der Heimatstadt in das Internat des Klosters. Aber für viele war dies nicht der erste Ortswechsel. Da auch die Lateinschulen im Land nicht allzu dicht gesät waren, gaben viele Familien aus teilweise weit entfernten Ortschaften ihre Söhne bei Lauffener Familien „in Kost“, damit sie da die Lateinschule besuchen konnten. Leisten konnten sich dies freilich nur die besser gestellten, so dass die „Kostgänger“ meist Söhne von Bürgermeistern, Geistlichen und sonstigen Honoratioren waren.

Das Landexamen gibt es noch heute, und auch zwei der von Herzog Christoph gegründeten Klosterschulen haben die Zeiten überdauert: Maulbronn und Blaubeuren nehmen bis zum heutigen Tag pro Jahr jeweils 25 Stipendiaten nach bestandenem Landexamen auf.

Da nicht alle Schüler der Lateinschule das Landexamen und eine kirchliche Laufbahn anstrebten, wurden, zusätzlich zu dem vorgeschriebenen Latein- und Religionsunterricht, zunehmend „Realfächer“ wie Rechnen, Französisch sowie Grundlagen in Geographie und Geschichte unterrichtet. Im Schulbuchbestand tauchten geschichtliche Werke sowie Atlanten und Karten auf, so dass auch angehende Handwerker an der Lateinschule eine solide Allgemeinbildung erwerben konnten. Für ganze 7 Jahre (1841 – 1848) wurde die Lateinschule sogar kurzfristig eine Realschule. Dann kehrte man jedoch zum Konzept der Lateinschule zurück.

In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde seitens der Bürgerschaft erneut ein Vorstoß gemacht, in Lauffen neben der Lateinschule eine Realschule zu etablieren. Mangelnde finanzielle Mittel sowie eine vergleichende Untersuchung des Unterrichts an beiden Schularten, die zeigte, dass es gar keine allzu große Unterschiede im Lehrstoff gab, ließen den Gemeinderat jedoch Abstand nehmen. Um den Absolventen der Lateinschule den Übergang an ein Realgymnasium und damit den Erwerb der Hochschulreife zu erleichtern, wurden jedoch aus der Stadtkasse zusätzliche Stunden in den Fächern Englisch, Mathematik und Stenografie bezahlt.

So bestand die Lateinschule fort bis 1937. Erst im Nationalsozialismus wurden im Rahmen der Vereinheitlichung alle höheren Schulen, und somit auch die Lateinschule in Lauffen, als Oberschulen bezeichnet. Dass es aber für die Lauffener weiterhin die „Lateinschule“ blieb, zeigt die Episode, die Albert Gänßle über seinen Dienstantritt 1952 in Lauffen erzählt: Als er, am Lauffener Bahnhof angekommen, nach dem Weg zur Oberschule fragte, konnte ihm niemand weiterhelfen. Erst als der Begriff „Lateinschule“ fiel, fiel bei den gefragten Einheimischen auch der Groschen …

 

Schule heute – auf dem Weg zum Hölderlin-Gymnasium

Beim Amtsantritt von Herrn Albert Gänßle 1952 befand sich die Lateinschule noch immer am selben Standort gegenüber der Regiswindiskirche, und natürlich war sie längst zu klein geworden. Klassen, die keinen Platz im Gebäude fanden, wurden in andere Gebäude ausgelagert, z. B. in das Gebäude der „kleinen Schule“ an der Ecke Körner-/Schulstraße (Gebäude existiert heute nicht mehr) und in Räume der Herzog-Ulrich-Schule.

1954 endlich konnte die Schule in den Neubau in der Hölderlinstraße (heutiges Realschulgebäude) umziehen und hieß ab da Hölderlin-Progymnnasium. Es führte bis zur Mittleren Reife. Wer danach das Abitur anstrebte, musste an ein Gymnasium in der Umgebung wechseln. Anfangs gab es so wenige, die weitermachen wollten, dass sich die Einführung einer eigenen Oberstufe nicht lohnte.

Dies änderte sich Mitte der Sechzigerjahre. Die Geburtenraten waren seit Kriegsende gestiegen, die Stadt wuchs kontinuierlich, es zogen Familien zu. Durch die Wirtschaftswunderzeit wuchs auch der Bedarf an gut ausgebildeten jungen Leuten, und immer mehr Eltern konnten und wollten es sich leisten, ihre Kinder, auch die Mädchen (!), Abitur machen zu lassen. Dem rasant gestiegenen Bedarf an Schulplätzen standen mangelnde finanzielle Mittel und viel zu wenig Lehrer gegenüber. Die Gesellschaft schien von  dieser Entwicklung förmlich überrollt worden zu sein. Dennoch wurde unter dem Schulleiter Herrn Dr. Kurt Eißele aus dem Progymnasium ein Gymnasium im Aufbau und schließlich ein Vollgymnasium. Am Ende des Schuljahres 1969/70 legten die ersten 34 jungen Leute ihr Abitur in Lauffen ab.

Zu dieser Zeit waren aus dem überschaubaren Kollegium von 8 Lehrkräften, das Herr Dr. Eißele bei seinem Amtsantritt im Dezember 1964 vorfand, immerhin 25 Lehrerinnen und Lehrer geworden. Und obwohl die Hauptschule mittlerweile in ein neugebautes eigenes Gebäude in der Herdegenstraße übergesiedelt war und das Hölderlin-Gymnasium nun das Gebäude in der Hölderlinstraße für sich hatte, war absehbar, dass dieses den Anforderungen einer gymnasialen Oberstufe auf Dauer nicht genügen würde.

So musste noch einmal gebaut werden, und in der Charlottenstraße entstand innerhalb eines starken Jahres ein modernes Gebäude mit naturwissenschaftlichen Fach- samt zugehörigen Vorbereitungs-und Sammlungsräumen, Fachräumen für Zeichen-, Werk- und Handarbeitsunterricht sowie einer Aula. Der Umzug in dieses Gebäude fand 1975 statt.

In einem Teil des Gebäudes wurden immer wieder auch „fliegende Klassen“ aus anderen Schulen beherbergt. Mit der Einrichtung der zweiten Grundschule in Lauffen, der Hölderlin-Grundschule, fiel nach und nach der gesamte Trakt auf der Westseite an diese, und das Gymnasium erhielt zunächst einen, im Jahr 2005 einen weiteren Anbau an der Ostseite. Die naturwissenschaftlichen Räume wurden 2008 komplett modernisiert. Dennoch gab es immer wieder Raumprobleme, so dass zeitenweise zwei Container-Klassenzimmer auf dem Lehrerparkplatz aufgestellt werden mussten. Die Entspannung brachte letztendlich die Umstellung von G9 auf G8. Im Sommer 2012 legte der erste G8-Jahrgang zusammen mit den letzten G9-Schülerinnen und -Schülern das Abitur ab. 

Im Zuge des neuen Bildungsplans 2016 erhält der Umgang mit digitalen Medien einen immer höheren Stellenwert, dem ab dem Sommer 2018 auch ausstattungstechnisch Rechnung getragen wird: Alle Klassenzimmer erhalten eine moderne, W-LAN-unterstützte, zeitgemäße digitale Ausstattung. 

Coronaphase

Die Covid-Pandemie stellte besonders die Bildungseinrichtungen, wie Schulen und Universitäten vor große Herausforderungen. Davon war natürlich auch unser Hölderlin-Gymnasium nicht ausgenommen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten kam das Fernlernen auch an unserer Schule schnell ins Laufen und die Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrerinnen und Lehrer hatten sich auf das neue Unterrichtsformat eingestellt. Plötzlich waren Videokonferenzen und digitales Arbeiten der Alltag für alle am Hölderlin-Gymnasium. Natürlich gab es auch immer wieder Probleme, doch nach und nach konnten diese angegangen werden und Lösungsstrategien erarbeitet werden. 

Im Herbst 2022 hoffen wir nun auf einen weiterhin verantwortungsvollen Umgang aller am Schulleben Beteiligten mit dem Coronavirus und dass wir auch weiterhin so gut durch die Pandemie kommen.

Quellen 

Die Informationen zur Geschichte der Schule bis 1991 entstammen zum größten Teil der Festschrift von Dr. Otfried Kies, welche dieser anlässlich des 500. Geburtstages der Lateinschule am 21.06.1991 recherchiert und verfasst hat, ergänzt um weitere Informationen aus dem Internet, speziell zu den Themen Landexamen und Stipendien an den Klosterschulen in Baden-Württemberg.

Die überaus lesenswerte Festschrift von Herrn Dr. Kies umfasst neben historischen Quellen, wie beispielsweise alte Inventarlisten der Schulbibliothek oder die Bemerkungen über den Zustand der Schule bei den halbjährlichen Visitationen, auch Beiträge von Herrn Dr. Eißele (ehemaliger Schulleiter) und Herrn Gänßle (ehemaliger stellvertretender Schulleiter).

Die Festschrift kann für 10,00 € im Sekretariat erworben werden.